Belem ist im Reiseführer als nicht sonderlich schön beschrieben und soll auch nicht gerade ungefährlich sein. Also planten wir hier nur einen kurzen Aufenthalt ein, den wir vor allem dazu nutzten unser Busticket nach Sao Luis zu organisieren. Am Sonntagnachmittag liefen wir dazu 45 Minuten durch eine menschenleere Stadt zum Busbahnhof, wo wir immerhin einen kleinen Rabatt für den Transfer aushandeln konnten. Zu dessen Feier und aufgrund des enormen Verlangens nach Pasta (zur Erinnerung: wir hatten 5 Tage Fährenfood hinter uns), kauften wir zum Abendessen Spaghetti und eine feine Tomatensauce. Nachdem wir die Ratte unter dem Herd im Hostel erfolgreich vertrieben hatten (SCHRECK!!!), konnte selbst der Italiener aus unserem Team nichts dagegen ausrichten, dass die brasilianischen Spaghetti als Klumpen Teig im Teller landeten. Seit diesem Zeitpunkt kaufen wir übrigens nur noch Barilla-Teigwaren... diese dafür auf Lager!
Nach 15 h Busfahrt waren unsere Knochen auf geschätzte 18 Grad herunter gekühlt (die Klimaanlagen in Südamerikanischen Bussen sind die "Hölle") und wir erlieden einen leichten Hitzeschock, als wir am späten Abend in Sao Luis eintrafen und ausstiegen. Hungrig checkten wir im Hotel Soft Inn ein und freuten uns, dass das hauseigene Restaurant dank dem 24 Stundenbetrieb noch geöffnet war. Naja... geöffnet ja schon, aber ein Kühlschrank und eine Mikrowelle waren neben der Kassierin die einzigen Anwesenden und lies unsere Mägen nur Schlechtes erahnen. Ein paar Minuten später verschlangen wir eine in der Mikrowelle gewärmte, pludrige Tiefkühllasagne, die im Nachhinein gesehen wirklich recht schlecht schmeckte, aber ihren Zweck vollends erfüllte. Wir waren satt. ;-)
Am kommenden Morgen standen wir mit einem Notizzettel bei der Rezeption an. Wir hatten verschiedene Fragen die dringend geklärt werden mussten. Aber... ohne Portugiesisch hatten wir nicht die geringste Chance, irgendetwas zu erfahren! Der arme Rezeptionist lächelte zwar lieb, konnte uns aber nicht einmal erklären, wo wir den Bus ins Stadtzentrum nehmen können. Ein Stadtplan war leider zur Zeit auch nicht vorhanden und als er unsere vollen Wäschesäcke sah, schob er uns lediglich einen Flyer zu, welcher zeigte, dass auf der gegenüberliegenden Stadtseite ein Wäschesalon zu finden war. Dabei mussten wir nach über 2 Wochen im Amazonasgebiet doch so dringend waschen und hatten wirklich keine sauberen Kleider mehr! Wir gaben das Gespräch auf und konsultierten das Internet, welches dann doch 3 nahe gelegene Wäschesalons ausspuckte. Wie sich später jedoch herausstellte, existierte der Erste nicht mehr und die anderen Beiden waren an Hotels angeschlossen und wollten umgerechnet fast 100 CHF für unsere Wäsche, was wir einfach nicht aufwenden wollten. Auch die gut gemeinten portugiesischen Erklärungen der beiden Subway Mitarbeiterinnen, die uns durch die halbe Stadt schicken wollten, halfen uns leider nicht weiter. Passend zur aktuellen Stimmungslage schlug just das Wetter um und wir erlebten, leider hautnah, seit langem wieder einmal so richtigen Regen. Nass und ein wenig genervt fragten wir zurück im Hotel erneut nach und eine Mitarbeitende schickt uns zum Nachbarhaus???! In verschiedensten Sprachen erklärten wir einem Mann und seinen drei Kindern unser Anliegen, zeichneten und kritzelten Preise und Termine auf ein Blatt Papier und schüttelten uns am Schluss die Hände. Ob alles Klappen würde und wir unsere Wäsche am Tag darauf für einen immer noch hohen Preis von 30 CHF erhalten werden, wussten wir aber nicht mit Sicherheit... . Eine weitere Stunde später gaben wir die Suche nach einer Bank auf und verdrückten in einem Steakhaus eine Schuhsole mit dem Namen „Rib Eye Steak“. Was für ein komischer, verknorzter Tag! Am späten Abend kam dann die unverhoffte Rettung des Tages in Form von Mister Wagner Vasconces. Am Hoteltresen trafen auf den freundlichen Hotelier, der Englisch spricht und sich zudem noch super mit unserem nächsten Ziel, dem Nationalpark Maranhenses auskennt. Er interessierte sich so stark für uns, dass er uns sogar ins Hotelbüro einlud und uns dort alle Fragen bis ins kleinste Detail erklärte. Der kommende Tag war entsprechend entspannt und wir fuhren mit dem Bus ins Stadtzentrum, fanden eine Bank und kauften Kleinigkeiten ein. Zurück im Hotel erhielten wir prompt die gewaschenen Kleider vom „Nachbarn“ zurück und Wagner organisierte uns die Weiterfahrt in den Nationalpark. Was für eine Wendung und hier nochmals ein herzlichen Dank an Wagner, unserem neuen FB Freund :-D.
Nach drei Stunden Busfahrt kamen wir in Barreirinhas, dem kleinen Dörfchen gleich vor dem Nationalpark Lencois Maranhenses, an. Diese einzige Wüste in Brasilien besteht aus einem riesigen Gebiet voller Dünen, zwischen denen sich in der Regenperiode Wasser zu glasklaren Lagunen ansammelt. Schon immer war es ein Traum von Mirjam, im feinen Sand über die Dünen zu rennen und sich in jeder Lagune im frischen Regenwasser abzukühlen. So waren wir topmotiviert und bereits 45 Minuten, nachdem wir im kleinen Hostel eingecheckt hatten, sassen wir in einem 4x4 Jeep und holpern über die sandigen Strassen den Lagunen entgegen. Zum Glück wird das fragile Ökosystem der Dünen durch Regulierungen geschützt und nur einzelne Plätze am Rande des NP dürfen mit dem Jeep angefahren werden. Leider bedeutet dies halt auch, dass dadurch alle Touren an den gleichen Ort Ausflüge anbieten und sich dadurch grössere Menschenmassen bei den Lagunen aufhalten. Trotzdem genossen wir diesen ersten Ausflug ausgiebig, badeten und plantschten wild im Regenwasser und erhaschten spektakuläre Ausblicke von den hohen Dünen über den gesamten Nationalpark.
Schon am selben Abend war für uns klar, dass wir nochmals eine Tour in dieses einzigartige Naturspektakel unternehmen möchten. Über Internet fanden wir einen vielversprechenden Anbieter und buchten nochmals eine Tagestour bei Sao Paulo Tours. Wir wurden nicht enttäuscht und erlebten einen Tag abseits der üblichen Touristenpfade. Höhepunkt war dabei eine riesige, ca. 3 m tiefe Lagune, welche nur per 30-minütigen Fussmarsch über den sengend heissen Sand erreicht werden konnte. Wie Beduinen wickelten wir unsere Tücher über Kopf und Schulter und stampften durch die Dünen vorwärts. Aber die Belohnung war gewaltig und kann nicht wirklich in Worte gefasst werden (siehe Bilder und unten stehendes Video :-) ).
Um von Barreirinhas weiter nach Jericoacoara zu reisen gab es zwei Möglichkeiten. Entweder per öffentlichem Bus mit einer Dauer von zwei Tagen und ungefähr 5-maligem Umsteigen oder per teurem Privatjeep, welcher die Fahrt zum Pauschalpreis von ~300 CHF durchführt. Wie durch ein Wunder konnte die Tourenorganisation während unseres kurzen Aufenthaltes noch drei weitere Passagiere auftreiben und uns so die Reise im komfortablen Jeep ermöglichen. Ein wenig traurig verliessen wir den Nationalpark Lencois Maranhenses bereits nach 3 Tagen. Wir freuten uns jedoch auch auf den nächsten Eintrag in unserem Reiseplan. Etwas ganz besonderes war da notiert. Nämlich Urlaub!!
Nach über 4 Monaten permanentem Planen, Organisieren, Reisen, sich mit fremden Kulturen durchschlagen, neue Sprachen lernen, tägliches Neuorientieren usw. waren wir ein wenig müde und brauchten dringen ein paar Tage Reise- & Planungspause. Wir hatten uns dazu ein für Brasilianer bekanntes Ferienparadies ausgesucht und mieteten in Jericoacoara (kurz Jeri) für 10 Tage ein gesamtes Apartment. Jeri ist eine Oase inmitten eines Nationalparks ähnlich wie Maranhenses. Das kleine Dörfchen ist vollständig im Sand gebaut und besitzt auch ein paar grosse Dünen, von welchen der scheinbar schönste Sonnenuntergang in ganz Brasilien beobachtet werden kann. Wir liefen zu Oasen, machten eine wilde Buggy Tour zur Lagune Tatajuba und badeten im Lago Paraiso, welcher uns mit seinen Hängematten knapp über dem Wasser tatsächlich ein paradiesisches Gefühl vermittelte. Unsere Badeferien unterbrachen wir zeitweise mit ein paar Windsurf Lektionen, bei welchen sich nicht nur das Windsurfen an sich sondern auch das Verstehen des Portugiesischen Lehrers als schwierig herausstellte. Aber Spass machte das Herumflitzen über den Wellen dennoch wahnsinnig. Mit der Zeit fühlten wir uns immer wohler in dieser sandigen Oase, welche neben den üblichen Haustieren wie Katzen, Hunde und Hühner auch Grosstiere wie Kühe, Pferde und Esel beherbergt. Nicht nur einmal sind wir auf unserem Heimweg in der Nacht erschrocken, als uns eine „abfallfressende“ Kuh plötzlich gegenüberstand oder ein Esel zwischen den Palmen hervorkam.
Einen besonderen Freund fanden wir nach kurzer Zeit in einem Belgischen Bäcker, welcher unsere Brotbestellungen sogar Abends um 23:00 Uhr per WhatsApp noch entgegen nahm. :-)
Natürlich stellten sich uns auch hier in Jeri kleinere Problemchen in den Weg. Wer jetzt denkt, dass es sich dabei um die Ameisenstrassen im Apartment oder um den, auf Sandro von der Wand herunterfallende Salamander handelt, hat sich geirrt. Solche Sachen erschrecken uns schon lange nicht mehr :-) Nein, wieder einmal gab es weder Bank noch Bankautomaten und unser Bargeld wurde von Tag zu Tag immer knapper. Unser Vermieter schickte uns schlussendlich zum grössten Supermarkt von Jeri, welcher auch ein wenig als Finanzinstitut auftritt! Der Kassier klärte uns auf, dass wir hier gegen eine hohe Gebühr (15%!) Bargeld per Kreditkarte oder EC-Karte beziehen können. Alternativ könne man auch Amerikanische Dollar wechseln. Da letzterer Vorschlag mit viel geringerem Verlust verbunden war, entschieden wir uns, eine 100$ Note zu wechseln und durften darauf dem Kassier folgen. Dieser führte uns wie in einem alten Mafiosi-Film in Richtung Lagerhalle in ein fensterloses Büro, wo uns sein Chef („der Pate“) dann hinter verschlossener Tür die Real auszahlte.
Bye bye Jeri, die Ferien waren toll! Nun können wir entspannt und erholt weiterreisen.... ;-)
Teatro da Paz - Belem |
Innenstadt von Sao Luis |
Juhuiii...die Wäsche ist heil zurück :-) |
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