Ein wenig zu früh für unseren Geschmack mussten wir uns von Pipa verabschieden. Zu sehr hat es uns hier gefallen, was wohl auch auf das super Hotel Aleman zurückzuführen war. Das Apartment, die europäischen Hotelstandards und Gespräche mit Stefan und Jürg liessen uns ein wenig Heimat fühlen. Aber... man soll ja bekanntlich immer dann aufhören, wenn es am schönsten ist.
Wir hatten uns als nächstes einen Backpacker in Olinda, einem künstlerischen Vorort von Recife, gebucht. Um dorthin zu kommen gibt es leider keine direkte Busverbindung, was uns vor eine neue Herausforderung stellte. So fuhren wir zunächst mit dem Taxi in das nächst grössere Städtchen, in welchem uns ein Fernbus in Richtung Recife brachte. Im Fernbus erklärte uns der Busfahrer und eine Mitreisende, dass wir in ? (wir können uns an den Ort oder Vorort leider nicht mehr erinnern :-) den Bus verlassen und von dort direkt nach Olinda fahren sollen.
Gesagt getan standen wir ein paar Stunden später in Mitten einer 6-spurigen Fahrbahn, wo zwei Strassenverkäufer für uns nach dem nächsten Bus Ausschau hielten. Als dann der Linienbus ankam, machte sich Mirjam auf, um mit den beiden grossen Gepäckstücken hinten einzusteigen, währenddessen Sandro vorne bei der Drehtür im Bus das Ticket bezahlte. Ein perfekter Plan wenn nicht... der Bus wahr völlig vollgestopft und der Chauffeur fuhr los, bevor Sandro die Tickets überhaupt lösen konnte. Glücklicherweise hatte es Mirjam mit den zwei Gepäckstücken, dank der Hilfe eines weiteren zuvorkommenden Strassenverkäufers, ebenfalls mit Müh und Not in den Bus geschafft. Nicht ganz ungefährlich war das Ganze schon, fiel ein Koffer mitsamt Mirjam bei der Losfahrt mit geöffneter Tür fast wieder auf den Bürgersteig raus. Es dauerte eine Weile bis sich Sandro durch geschätzte 100 Passagiere hindurch gezwängt hatte und Mirjam am hintersten Ende des Buses helfen konnte.
Ufff... ein weiterer Bus und ein kleiner Fussmarsch später hatten wir unser Hostel in Olinda erreicht und unser Zimmer bezogen. Beide völlig verschwitzt und ein wenig ausser Puste haben uns dann entschlossen, in Zukunft mit unserem Gepäck um vollgestopfte Busse doch wieder einen Bogen zu machen und stattdessen ein Taxi zu nehmen :-D.
Olinda ist verrückt! Das bunte Vorstädtchen voller Kirchen, farbigen Fassaden und übermenschlich grossen Puppen in den Fenstern ist fast ausschliesslich von Künstlern bewohnt. Jeden Abend steigt inmitten einer Strasse eine ungeplante Party und Leute tanzen in selbstgemachten, bunten Kleidern zur Musik einer Liveband. Dabei wird ein spezieller Tanzstil, Frevo genannt, zelebriert, bei welchem die Tänzer von den Zehenspitzen auf die Fersen und zurück springen, die wildesten Posen stellen und ein kleines Schirmchen in der Hand halten. Der Stil entstand im frühen 20. Jahrhundert, gelangte aber erst in den 1950er Jahren durch Meistertänzer zu echter Bekanntheit. Der ultimative Ritterschlag erfolgte 2012 in Form der Anerkennung als immaterielles Kulturerbe der Menschheit durch die UNESCO.
Mit grossen Augen haben wir also mehrfach solchen Anlässen zugeschaut und zum bunten Treiben ein kühles Dosenbier vom Strassenverkäufer genossen. Höhenpunkt waren dann jeweils die Männer in Frauenkleidern, welche täglich eine neue Robe zur Schau trugen. Den Strandbereich von Olinda besuchten wir nur kurz, da wir ausser zwielichtigen Gestalten und einem alten Kühlschrank, der mittlerweile als Klo gebraucht wird (!!!), nichts Sehenswertes entdecken konnten.
Am dritten Tag machten wir noch einen kurzen Abstecher in die Innenstadt nach Recife, wo wir am Pier zwei genüssliche Tapiocas verzerrten. Diese waren so gut, dass wir der sichtlich überraschten Strassenverkäuferin gleich nochmals zwei abkauften.
In Brasilien läuft vieles anders als in der Schweiz und so waren wir nicht überrascht, dass wir zum Auffinden der richtigen Busstation für die Rückfahrt wiedereinmal bei vier verschiedenen Personen nachfragen mussten. Aber es hat geklappt, auch ohne viel Portugiesisch ;-)
Um von Olinda nach Salvador weiter zu reisen konnten wir bequem mit einem nicht überfüllten Bus und der U-Bahn zum Flughafen fahren. Der darauffolgende kurze Inlandflug ersparte uns ca. 18 h Busfahrt und ermöglichte uns eine etwas entspanntere Weiterfahrt am kommenden Morgen nach Lencois.
Nach einer 6-stündigen Reise kamen wir im keinen Dörfchen, direkt an der Grenze zum Nationalpark Chapada Diamantina, an. Lencois war während den Diamantenfunden im 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum. Einige Herrenhäuser im Dorf zeugen noch vom damaligen Reichtum der Edelsteinhändler.
Seit langem waren wir wiedermal im Landesinnern, weg vom Ozean, und genossen ein paar Tage in den Bergen. Dank unseres sehr freundlichen Gastgebers Goran (Pousada Lavramor), war es uns möglich, ohne Guide und nur anhand einer Handskizze zu den örtlichen Sehenswürdigkeiten zu wandern.
Noch am Ankunftstag liefen wir zu einem nahen Flussbecken, in welches man über einen glatten Stein ca. 10 m ins Wasser runterrutschen konnte. Wir bemerkten jedoch erst nach Aufbruch und somit erst beim Verlassen des Städtchens, dass wir gar kein Trinkwasser dabei hatten und so sprach Sandro eine alte Frau vor einem Haus an, welche diverse Sachen zu verkaufen schien. Sie verstand „Aqua com Gas“ (Mineralwasser) mehrfach nicht und Sandro erklärte ihr mit Händen und Füssen, dass er lediglich Durst habe und eine Flasche Wasser kaufen möchte. Die alte Frau nickte urplötzlich, schien kapiert zu haben und verschwand im Haus um kurz darauf mit einem Glas Wasser zurückzukehren. Jetzt waren es Sandro und Mirjam, die etwas verwirrt dastanden... . Ja. So sind die Brasilianer auch... wenn jemand Hilfe braucht, wird geholfen. Die alte Dame wollte ihr eigenes Wasser mit uns teilen.
Als wir am dritten Tag in einem Tal voller Wasserfälle, Aussichtspunkte und Pools wanderten, wussten wir bei einer Verzweigung dann doch nicht mehr weiter. Der Plan unseres Gastgebers (siehe Bild!) war dann doch ein wenig zu ungenau. Wir fragten den Hund, der uns seit Lencois folgte um Rat und waren ein wenig überrascht, als er völlig überzeugt den rechten Abzweiger voranschritt. Er führte uns problemlos zum gesuchten Pool.... auf Hunde ist halt schon Verlass ;-)
Während unseres 6-tägigen Aufenthaltes in Lencois gingen wir auf zwei geführte Touren. Die erste Tour führte uns zu zwei spektakulären Grotten mit unglaublich klarem Wasser. Dass Wasser war jeweils so klar, dass der Übergang von Luft zu Wasser gar nicht wirklich zu erkennen war. Im Poco Encantado, unserem ersten Stopp, war es leider oder auch glücklicherweise, um die Natur zu schonen, nicht erlaubt zu schwimmen. In Letzterem, im Poco Azul, war es jedoch gestattet und wir genossen es in vollen Zügen in diesem herrlichen Wasser herumzuschwadern.
Bei unserer Rückkehr nach Lencois schlug das Wetter um und es fing heftig an zu regnen. Die anhaltenden Regenschauer waren so heftig, dass das halbe Städtchen fast überschwemmt wurde. Auf unserem Weg zum Abendessen zogen wir unsere komplett durchnässten Schuhe aus und liefen, bis zu den Waden im Wasser eingetaucht, durch die Strassen. Hier zu erwähnen: Sandro wollte unbedingt Turnschuhe anziehen.... :-)
Der Morgen des 26. Augusts brachte Sandro fast zum Verzweifeln. Am Tag zuvor hatte er mit der Managerin des Hotels abgesprochen, dass Mirjam zu ihrem Geburtstag zum Frühstück einen Schokoladenkuchen serviert bekommt. Freudig hatte die Managerin zugestimmt und auch gleich die Geburtstagskerzen von Sandro entgegengenommen. Doch was wäre Brasilien für ein Land, wenn immer alles auf Anhieb einfach klappen würde?! Natürlich ging der Kuchen vergessen und so mussten wir uns ohne diese Überraschung auf die gebuchte Tour aufmachen. Diese führte uns zum Ribeiro del Diabolo (Teufels-Wasserfall), einem stahlklaren Fluss zum Baden, in eine weitere Grotte und auf ein Hochplateau mit atemberaubender Aussicht.
Ein witziges Highlight ergab sich auf dem Wanderweg zur Grotte. Eine Fliege verirrte sich in Sandro's Haaren und über Minuten schenkte ihm niemand aus der Gruppe Glauben, dass er trotz kräftigem Durchwirbeln seiner Wolle immer noch ein Surren hörte. Mirjam lauschte irgendwann doch noch am Kopfe des fast verzweifelnden Sandros und half ihm mit riesigem Grinsen, die Fliege zu befreien. Uffff... wann kommt endlich der nächste Frisör :-D!
Zurück im Hostel gab es dann tatsächlich den bestellten Kuchen inklusive brennender Kerzen. Naja... da waren wir ja fast gezwungen, bereits vor dem Abendessen ein kleines Dessert zu verzerren, oder? ;-) Das darauffolgende Abendessen war dann wirklich gelungen. Nicht nur, dass das Filet Mignon hervorragend schmeckte, es war auch die Bedienung, welche aus dem Nichts mitten auf der Strasse der überraschten Mirjam ein brasilianisches „Happy Birthday“ sang und ein riesiges Stück Torte zum Nachtisch offerierte. Hmhmm... und was für ein schöner und unvergesslicher Geburtstag an einem schönen Fleckchen Erde!!!
Da Lencois von Touristen überrannt wird (es gibt mehr als 70 Unterkünfte) sind sich auch die Restaurants nicht zu schade, um jeden Gast zu kämpfen. Nicht selten wurde uns zum Essen ein kostenloser Caipirinha (Nationalgetränk Brasiliens) serviert. Dies und die beiden neu mit uns befreundeten Holländer (Juri & Saskia) führten zu zwei sehr amüsanten Abenden und etwas flauen Mägen an den kommenden Morgen. Im Speziellen wirkte sich letzterer Abend etwas unangenehm auf unsere frühmorgendliche Rückfahrt nach Salvador aus... aber wir haben diese dann doch ohne "Zwischenfälle" überstanden ;-)
Olinda |
Praca do Charmo - Schönste Kirche in Olinda |
Olinda mit Recife im Hintergrund |
Ein "paar" Kokosnüsse ;-) |
5-Stern Toilette am Strand von Olinda |
Die Grossstadt Recife wacht über Olinda... |
Olinda ist die Stadt der Kunst |
Turm oder so im Hafen von Recife |
Die besten Tapiocas von Recife :-) |
Gemütliche Plätze zum Entspannen sind rar... |
Ribeiro de Maio - Chapada Diamantina |
Ein feiner Caipi in der Innenstadt von Lencois |
Low Cost Waschsalon... |
Da wollten wir den Hund loswerden und haben uns versteckt ;-) |
Rio Serano mit seinen schönen Badestellen |
Lencois von Weitem... |
Unsere "Karte" für eine Tageswanderung... . Das "checkt" jeder, nicht? ;-) |
Auf die Grotte... Hygiene darf für einmal nicht fehlen.... |
Poco Encantado - einmalig!!! |
Poco Azul |
Schweben im glasklaren Wasser |
Strasse oder Bach? Später kam's noch schlimmer.... |
Lencois |
Ribeiro del Diabolo |
Auf in die Grotte... mhmmm... konnten es mit Müh und Not unterlassen... war aber schon schwierig ;-) |
Leckeres Geburtstagsessen unter freiem Himmel |
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