Da sassen wir nun also, im Bus von El Chalten nach El Bolson, welcher für die kommenden 23 Stunden unser neues Zuhause geworden war. Leider gibt es in Patagonien keine Busse mit „Liegesitzen“ und wir mussten somit mit Sitzen, welche man ein wenig nach hinten stellen konnte vorlieb nehmen. Zum Glück waren noch ein paar Sitze frei und so konnten wir uns immerhin auf je zwei Sitzen zum „Schlafen“ einnisten. Naja... was sollen wir zu dieser Nacht am besten schreiben? Ich glaube der Satz: „Wir konnten doch ab und zu kurz einnicken und haben überlebt“ kommt ganz gut hin. Erstaunlich war, dass der Bus wohl die meiste Zeit über Schotterstrassen durch die karge, wüstenartige Landschaft fahren musste und somit ein geschätztes Höchsttempo von 50 km/h nicht überschritt.
Mit einem viereckigen Hinterteil kamen wir am kommenden späten Nachmittag in Argentiniens grösser Hippy Kommune, El Bolson, an. Mit grossen Augen liefen wir zu unserem Hostel und staunten ab den vielen bunten Kleidern. Als dann Sandro im Earthship Patagonia Hostel vom Inhaber Trentin mit einem sanften Kuss auf die Backe empfangen wurde, wussten wir Bescheid... hier gilt äusserste Vorsicht :-D.
Das Hostel war grandios! Gebaut aus ca. 200 Autoreifen und x-tausend Flaschen und Büchsen ist es super öko-freundlich und passt somit vollständig nach El Bolson. Die hier arbeitenden Freiwilligen und Trentin leben völlig vegetarisch und bereiten jegliches Essen aus selbst angebauten Lebensmitteln zu. Wahnsinn, wie gut uns jeweils das Abendessen oder das feine Frühstück aus frisch gebackenem Brot und feinem Müsli schmeckte.
Von Trentin erhielten wir die Empfehlung, eine kurze Velotour zur Passarella (Brücke) über den Rio Azul zu machen. Also fuhren wir den sehr schön beschriebenen Weg (leider grösstenteils entlang der Hauptstrasse) bis hin zu einer Hängebrücke. Der darunter fliessende Rio Azul war so klar, dass man sogar Forellen darin schwimmen sah! Nach einer Kurzwanderung zu einem nahe gelegenen Wasserfall assen wir etwas kleines am Flussufer und bestaunten die prachtvollen Blumen, welche sich alle in voller Blüte befanden.
El Bolson ist u.a. berühmt für seinen Markt, bei welchem alle heimischen Künstler und Öko-Anhänger (soll nicht abschätzend klingen) ihre Handwerkskunst oder selbst gezogenen Lebensmittel anbieten. Klar mussten wir uns da mit frischen Erdbeeren und den landesweit berühmten Empanadas (Teigtaschen mit verschiedenster Füllung) reichlich eindecken. Leider überlebte das Gekaufte den Marktbesuch nicht... alles musste zwecks Verhinderung einer frühzeitigen Verderbung sofort verspiesen werden.... ;-)
Wehmütig mussten wir unser Hostel nach zwei Nächten wechseln. Es war leider ausgebucht und wir verschoben uns ins Casona de Odile, 5 km ausserhalb vom Stadtzentrum. Dieses, auch über die Grenzen von El Bolson bekannte Hostel, besitzt einen riesigen, grasgrünen Garten mit grossem Lavendelfeld. Von Anfang an fühlten wir uns hier ebenfalls „sauwohl“ und genossen ein paar ruhige Momente im Garten. Abends gönnten wir uns im hauseigenen Restaurant eine frisch gefangene (leider nicht von Sandro) Forelle... hmmm Wahnsinn!
Unsere von den letzten paar Wochen immer noch müden Knochen, betätigten wir bei einer gemütlichen Wanderung in ein nahe gelegenes Tal. Entlang einer breiten Strasse, immerfort einem blauen und glasklaren Fluss folgend, liefen wir ein paar Stunden bergaufwärts. Niek aus Holland begleitet uns heute und half auch gerne bei unserem Mittagessen mit. Er hatte nichts zu Essen mitgenommen...?! Nach dem gemeinsamen Picknick mit anschliessendem Baden im glasklaren eiskalten Fluss, versuchten wir uns noch mit Handline-Fischen von Forellen, welche überall von blossem Auge im klaren Wasser gesehen werden konnten. Wir verwendeten von uns ermordete Stechfliegen als Köter und erwischen je eine, viel zu kleine Babyforellen, die wir natürlich sofort wieder frei liessen.
Vom Angelfieber gepackt machten sich Niek und Sandro am nächsten Tag auf, um im nahe gelegenen Fluss zu fischen. Mit selbst gebastelten Angeln ging es auf die Pirsch und... entgegen aller Behauptungen verliert Sandro NICHT beim Ausrutschen auf einem rutschigen Stein seinen geliebten FlipFlop, nein, es war eine riesige Forelle, welche ihn Angriff und den FlipFlop mit einem einzigen Biss verschlang! Dass Sandro diese Attacke überhaupt überlebte war pures Glück und die Schelte, welche er im Nachhinein für den fehlenden FlipFlop von M.V. aus A. (Name von der Redaktion geändert) erhielt, natürlich völlig unangebracht!!! Genau ;-)
Nach luxuriösen und entspannenden Tagen in El Bolson reisten wir weiter ins nahe gelegene Bariloche, eine grössere aber relativ touristische Kleinstadt. Um unser Budget ein bisschen zu schonen, hatten wir ein super geniales und einmaliges Schnäppchen gebucht. Ein privates Zimmer im Hostel mit dem etwas speziellen Namen „Moving Hostel Travel Bar“. Das Angebot beinhaltete neben dem Frühstück auch ein bis zwei Mal Abendessen pro Woche und war mit 14CHF/Nacht wirklich der Hammer...eigentlich! Gleich am ersten Abend kosteten wir von der kostenlosen Pizza und verzichteten auf jeglichen Nachschub. Der darauffolgenden U20 Party im Speisesaal entzogen wir uns und suchten unsere Ruhe im Zimmer. Leider konnten wir diese aber nicht finden, da die neben unserem Zimmer liegende Küche bis in die frühen Morgenstunden lauthals gebraucht wurde. Dies entgegen den Hausregeln!
Müde wurde uns von der Managerin am kommenden Morgen entschuldigend mitgeteilt, dass dies nicht mehr vorkommen würde und die Hausregeln auch zukünftig vom Staff eingehalten würden. Naja... mal schauen.
Wir genossen in den kommenden Tagen die nahe Umgebung und machten Ausflüge auf den Cerro Campanairo und in den Nahuel Huapi Nationalpark (Circuito Chicco). Bei Sonnenschein durchstreiften wir die eindrucksvolle Seeenlandschaft, umgeben von tiefen Wäldern und hohen Bergen. Aufgrund eines, dem Schweizer System nicht nahestehenden Busnetzwerks, waren wir auf unseren Rückwegen jeweils gezwungen per Anhalter nach Bariloche zurück zu fahren (8-ung und pssst: Bitte ja nicht unseren Müttern erzählen!). Wir staunten nicht schlecht wie schnell jeweils jemand anhielt und uns gerne ein Stückchen mitnahm. Als dies mal nicht der Fall war, attackierte Mirjam zwei, eventuell vom anderen Ufer kommende Jungs und fragte diese beim Einsteigen ob sie uns nicht mitnehmen möchten. Völlig verdutzt konnten die beiden fast nicht mehr absagen und wir hopsten auf die bequemen Rücksitze :-). Noch anzumerken ist hier, dass "Stöpplen" in Patagonien Gang und Gäbe ist und als völlig ungefährlich einzustufen ist.
In unserem Hostel war inzwischen ein wenig Ruhe eingekehrt und wir gewöhnten uns an den Restlärm und die etwas mürrischen Blicke, mit denen uns die Staffmitglieder nachguckten. Bevor wir dieses Thema jedoch schliessen, können wir noch mit einer letzten Story aufwarten... Mit unseren zwei regelmässig lärmenden und zu später Stunde zurückkehrenden Zimmernachbarn, zwei Musiker, hatten wir bereits mehrere Male mündlich an der Türe und an die Wand klopfend "Gespräche" gesucht. Leider sind diese Versuche kläglich gescheitert. Das Egoverhalten dieser zwei Jungs gipfelte als in unserer letzten Nacht um 5 Uhr morgens ein alter Mann einen der beiden Jungs draussen lauthals anbrüllte, weil dieser im 3. Stockwerk auf dem Fenstersims sitzend seine Gitarre zupfte und dazu singend das gesamte Quartier aufweckte?! Da hatten wir dann wirklich genug von der nachfolgenden Generation und zogen um ins Hotel „Casa Suiza“. Von nun an hatten wir Ruhe :-).
Helen & Matthieu hatten zwischenzeitlich von unserem Aufenthalt in Bariloche gehört und sich zu uns auf den Weg gemacht. Kaum bei uns angekommen entschieden wir, ein Auto zu mieten und eine Tagesreise in den Norden zu unternehmen. Die „7-Lagos-Tour", bei welcher man insgesamt 8?! Seen sieht, war einfach fantastisch und kann nur empfohlen werden. Das Wetter spielte entsprechend mit und so konnten wir umgeben vom schönsten Bergpanorama im kalten Wasser sogar baden. Brrr war es aber schon :-). Aber ein Bad in Patagonien konnte auf keinen Fall ausgelassen werden!
Weil das Wetter auch für unseren letzten Tag in Bariloche nicht all zu schlecht aussah, liessen wir es uns trotz einer kurzen Nacht nicht nehmen, uns noch die bekannte Wanderung zum Refugio Frey "anzutun". Wir genossen diesen Tag in den patagonischen Bergen nochmals in vollen Zügen und fuhren nach der rund 5-stündigen Wanderung, "ein paar" Höhenmetern und einer Pause in der Hütte einmal mehr per Anhalter zurück ins Städtchen.
Unseren letzten Abend in Bariloche und damit unseren letzten in Argentinien und noch dazu leider auch den letzten mit unseren neuen Freunden, verbrachten wir entsprechend der hiesigen Tradition wiederum in einem Steakhouse. Überrascht über die riesigen Portionen in unseren Tellern waren aber nicht nur wir. Sogar andere Gäste sprachen uns an und schossen Bilder von unserem Tisch. Einen kurzen Blick auf den anderen ihre Tische erklärte uns deren Überraschung sofort... teilten diese sich jeweils zusammen einen Teller, wartete an Sandros Platz ein 500g Rib-Eye Steak und vor Mirjam stand ein Teller mit insgesamt 400g Filet darauf :-D. Ja, schön war es in Argentinien! Wir kommen wieder, und nicht nur wegen des Fleisches.... ;-)
Das einzigartige Earthship Patagonia Hostel in El Bolson |
richtiger Luxus für uns... |
Der berühmte Markt in El Bolson |
So sieht oder besser gesagt sah die leider nicht von Sandro gefangene Forelle aus... |
Niek und Sandro am Fischen... da war der FlipFlop noch da... |
Wanderung entlang des Rio Azul |
Mhmmm... das ist eine offiziell sichere Brücke auf dem Wanderweg... |
Inn Bariloche auf dem Cerro Campanario - was für ein toller Ausblick! |
Selbstverständlich führen Schweizer Sessellifte da rauf - aus Kostengründen haben wir jedoch davon nicht Gebrauch gemacht und sind in 30 Minuten das "Berglein" hochgelaufen.... |
Having Fun auf der 7-Lagos-Tour mit Helene und Mathieu ;-) |
Gar nicht mal sooooo kalt... jedenfalls für Mirjam nicht! ;-) |
Wanderung zum Refugio Frey |
Ein Prost auf den letzten Abend und eine hoffentlich bestehende Freundschaft mit unseren zwei tollen "Allez les bleus" |
Sandro mit dem "relativ" kleinen Steak für sich alleine.... |
Das bei uns für seine Ruhe bekannte Casa Suiza in Bariloche |
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